Igor Strelkow im Interview von A. Golubjew
(veröffentlicht am 16. Februar 2016 um 11:57 Uhr)
„Ich bin Krisenmanager“
übersetzt von MATUTINSGROUP
A. Golubjew: Steht die Bewegung „Neurussland“ noch?
Igor Strelkow: Natürlich gibt es sie. Sie arbeitet weiterhin so wie bisher. Aber leider widerspiegeln sich die Wirtschaftskrise und der Verlust des Medien-Interesses am Donbass in unseren Sammlungsergebnissen und der Aktivität der Menschen. Aber ein oder zwei Autos im Monat schicken wir hin.
IGOR STRELKOW: ICH BIN KRISENMANAGER
„Im Falle eines Putschversuch zieht sich unsere Regierung teilweise zurück oder wechselt zur anderen Seite“
A. Golubjew: Das Komitee „25. Januar“ wurde wofür geschaffen?
Igor Strelkow: Das Ziel des Komitees „25. Januar“ unterscheidet sich von den Zielen der Bewegung „Neurussland“. Dies sind zwei völlig verschiedene Projekte.
Die Bewegung „Neurussland“ ist im Komitee vertreten und behält dabei ihr Gesicht. Als der Kurfürst von Hannover gleichzeitig König Großbritanniens war, gab es eine solche Personalunion.
Es gibt einfach genug Aufgaben für das Komitee „25. Januar“. Wir schaffen einen hotspot oder eine Befehlszentrale für den Ausnahmezustand, weil alle Mitglieder des Komitees in etwa die gleiche Prognose abgeben: In Russland kann sich die ukrainische „Farbenrevolution“ wiederholen. Und zwar in relativ kurzer Zeit, in diesem Jahr oder im Jahr 2017.
Wir vermuten, dass sich im Fall eines versuchten Staatsstreichs zuerst der Kreml, unsere Regierung zurückzieht oder sogar teilweise zur anderen Seite wechselt. Für uns würde die gleiche Wirkung wie in der Ukraine erfolgen, nur in Scheiben oder in Würfel geschnitten.
Daher ist die einfache Schlussfolgerung, daß wenn wir das Drehbuch nicht wollen, welches uns mit einem Sieg eines solchen Staatsstreichs á la Navalny oder Chodorkowski erwartet, dann müssen wir eine Alternative anbieten. Und nicht nur sie anbieten, sondern sie erschaffen.
Und damit sollte bereits jetzt begonnen worden sein, denn fast alle Ultraliberalen sind jetzt schon vorbereitet und mobilisiert, und zwar mit ihrem ständigen Einsatzmittel, den Massenmedien, ihren Verbindungen, ihrer Finanzierung. Was bei uns überhaupt nicht steht. Wir alle müssen von Grund auf neu aufstellt sein. Und wir beeilten uns, dies unverzüglich zu tun.
„Wir haben die intellektuelle Startbasis“
A. Golubjew: Gibt es Unterstützung seitens der Geschäftskreise?
Igor Strelkow: Nein. Momentan gar keine. In der Kasse des Komitees „25. Januar“ ist nicht mal eine Kopeke drin.
A. Golubjew: Ohne Mittel wird eine Alternative schwer zu schaffen sein.
Igor Strelkow: Ohne Geld kann wahrscheinlich nichts getan werden. Aber ohne Geld kann man beginnen.
Wir haben ein Kapital aus einzelnen Persönlichkeiten. Bei uns kommen ganz verschiedene Menschen zusammen. Populäre Blogger, Führungspersonen aus gesellschaftlichen Gruppen und Bewegungen, von denen viele als Analytiker ein hohes öffentliches Ansehen genießen. Viele von ihnen kommen auf Spitzenwerte im „Livejournal“ und sind sehr beliebt in patriotischen Kreisen.
Wir haben die intellektuellen Startbasis. Wenn wir damit Mittel mobilisieren können, dann ist das Potential da sehr groß. Gelingt dies nicht, dann ist niemand außer uns selbst daran schuld.
A. Golubjew: Bedeuten Mittel nach Ihrem Verständnis, daß Malofejew (Konstantin Malofejew, ein russischer Geschäftsmann – A. Golubjew) Geld geben würde?
Igor Strelkow: Trotz allen Spekulationen unterstützte Malofejew nicht die Bewegung „Neurussland“ im November 2014. Wenn er von der Existenz des Komitees „25. Januar“ weiß, dann nur durch das Internet oder die Medien. Jetzt sind solche Leute nicht bei uns. Aber wir hoffen, dass sie bei uns sein werden.
Beispielsweise haben in der Ukraine nicht alle reichen Leute und hochrangigen Beamten bei der „Farbenrevolution“ gewonnen. Ein wesentlicher Teil der auf Russland konzentrierten Industrie wurde einfach zum Untergang verurteilt. Auch in Russland profitieren nicht alle Beamten, alle reichen oder einflußreichen Menschen davon, dass das Land letztlich zum Rohstoff-Anhängsel des Westens wird und würden dafür die schon vorhandene ideologische Basis vervollkommnen.
Auf diese Leute freuen wir uns. Es muß ein Ausweg gefunden werden. Die Rettung der Ertrinkenden ist das Werk der Hände der Ertrinkenden.
„Zu sagen, dass wir eine alternative Regierung zu bilden, wäre unanständig“
A. Golubjew: Ist das Komitee „25. Januar“ so etwas wie eine alternative Schattenregierung, eine vorübergehende Machtzentrale im Fall einer Übergangszeit, oder eine politische Partei?
Igor Strelkow: Natürlich sind wir keine Partei, weil wir uns nicht die Aufgabe gestellt haben, um die politische Macht zu kämpfen. Wir werden nicht an irgendwelchen Wahlen teilnehmen.
Zu sagen, dass wir eine Art alternative Regierung zu bilden, das ist, glaube ich, gerade jetzt auf unserer Seite unangemessen, denn wir kommen noch nicht über den Durchschnitt des Rahmens der Marginalität hinaus. Und von uns weiß fast niemand etwas. Und wir haben noch nicht die notwendigen Strukturen.
Bisher versuchen wir, nur eine Art von Plattform zu schaffen. Auf ihr können sich diejenigen Vertreter der patriotischen Gemeinschaft zusammenfinden, die weder das allgemeine Gejammer noch die Konservierung von allem Bestehenden anstreben, aber jetzt keine Alternative zu den Projekten von Chodorkowski und Navalny sehen.
Wir versuchen, einen dritten Weg zu bilden. Das einzige, was ich Ihnen sagen kann, daß wir uns natürlich für den Kampf gründen. Damit sich bei uns der Wechsel von einer Oligarchengruppierung zu einer anderen Oligarchengruppierung nicht wiederholt.
„Ich denke nicht, dass ich den Staat erfolgreich führen kann“
A. Golubjew: Positioniert sich dieses System auf die Person von Igor Strelkow?
Igor Strelkow: Es beabsichtigt, den sich entwickelnden Umständen entsprechend zu handeln.
Das einzige, was ich sagen kann, ist, dass ich aus einem einfachen Grund nicht bereit bin, die Regierung oder das Land zu führen: Ich habe keine solche Ambitionen. Und ich glaube nicht, dass ich erfolgreich diese Art von Struktur steuern kann. Vielmehr halte ich mich für einen technischen Umsetzer, dessen Zweck darin besteht, eine bestimmte Aufgabe zu lösen.
„Bestenfalls erwartet mich die Auslieferung nach Den Haag“
A. Golubjew: Das Auftauchen des Komitees führte zur Assoziation der Zusammenarbeit mit dem „Koordinierungsrat der Opposition.“ Worin besteht der Unterschied?
Igor Strelkow: Wir versuchen, eine ganz andere Tagesordnung aufzustellen. Der Koordinierungsrat der Opposition, wie ich ihn verstehe, sammelt alle Oppositionellen für einen allgemeinen Widerstand gegen die Regierung. Wir bilden bewusst eine Gruppierung, die sich nicht gegen die derzeitige Regierung richtet, sondern eine kalte, kühle Neutralität ihr gegenüber herausstellt. Doch ist dies nicht mit denen kombiniert, die gegen die Regierung sind und gegen sie jetzt offen kämpfen und versuchen, sie zu stürzen.
Ich meine, daß wir nicht gegen den Willen der Regierung handeln, solange sie nicht die Macht übergibt, nicht versucht, sich in die Hände von Ultras zu begeben. Und wir treten in kein Bündnis mit den Ultraliberalen, unter gar keinen Umständen, weil wir ein grundsätzlich anderes Problem haben. Wir brauchen ein souveränes Land, ein souveränes Russland. Sie aber brauchen ein von vom Westen abhängigen Menschen verwaltetes Rohstoff-Anhängsel.
A. Golubjew: Was würden Sie tun, wenn die Regierung in den Händen von Chodorkowski wäre?
Igor Strelkow: Ich bin jetzt nicht bereit, dies für unsere Struktur zu beantworten. Lassen Sie uns hoffen, dass dies nicht passieren wird. Streng genommen haben wir uns gegründet, um so ein Drehbuch zu verhindern.
Und für mich kann ich sagen, dass in einem solchen Drehbuch, solange ich noch am Leben bin, ich den Zug im Untergrund bewegen muß.
Bestenfalls erwartet mich die Auslieferung nach Den Haag. Schlimmstenfalls die Auslieferung nach Kiew.
Erinnern Sie sich an den Witz über den Pessimist, den Optimist und den Realist. In der Realität wird man mich wahrscheinlich nirgendwohin fahren, so dass ich mir keine Illusionen mache.
„Im Herbst kann der erste Versuch einer Machtergreifung gemacht werden“
A. Golubjew: Bald sind Parlamentswahlen, und die nichtsystemkonforme Opposition steht bereit. Ihre Aktionen im Herbst?
Igor Strelkow: Wir gehen davon aus, dass die Liberalen im Herbst den ersten Versuch unternehmen können, um die Macht zu ergreifen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die Wahlen bei uns wieder gemäß dem 146%-Schema stattfinden. Natürlich wird dies begründete Unzufriedenheit derjenigen herbeiführen, die daran teilnehmen.
Vor dem Hintergrund der schweren Wirtschaftskrise, die zur gesellschaftlichen Krise führen wird, können die Proteste ein ganz anderes Ausmaß bekommen. Bei diesem Punkt sind wir der Meinung, dass unser Komitee, unsere dritte Kraft, schon selbst etwas präsentieren muß. Die Taktik hängt von der Situation ab.
A. Golubjew: Die Tätigkeit Ihrer Struktur könnte die zuständigen Organe interessieren. Haben Sie keine Angst, dass Sie bald im Gefängnis sein werden?
Igor Strelkow: Ich habe aus einem einfachen Grund nichts zu fürchten. Ein Kamikaze, der abgeflogen ist, kann gar nicht mehr zum Flughafen zurückkehren, er ist schon aufgeflogen.
Seit ich die ukrainische Grenze mit einer Gruppe am 12. April 2014 überschritten hatte, gibt es für mich kein Zurück mehr. Dies habe ich selbst verfügt.
Ich stehe auf der Liste der non grata bzw. nichterwünschten Personen der Europäischen Union. Und im Fall von Versuchen von mir, die Grenzen Russlands zu überschreiten und auszureisen, würde ich sofort mit der Anschuldigung des Terrorismus verhaftet werden.
Es wäre einfach nur lächerlich, sich vor der Anwendung von Artikel 282 zu fürchten. Da werden Sie mir zustimmen.
A. Golubjew: Wie verhalten Sie sich jetzt gegenüber Wladimir Putin?
Igor Strelkow: Putin geht jetzt den gleichen Weg nach unten, welchen vor ihm Nikolaus II., Milosevic und Janukowitsch gegangen sind. Er ähnelt in seinen Handlungen jeder dieser Personen sehr. Diesbezüglich ist meine Einstellung zu Putin nicht als Mensch, aber als Staatsmann, sehr kritisch.
Dies deshalb, weil er nicht nur sich selbst zerstört, sondern er das Land zerstört, welches ihn gewählt hat. Ich kritisiere in diesem Fall seine Politik, seine Handlungen, nicht ihn selbst.
Derzeit haben wir keine andere legitime Person, für das ganze Land ist er die einzige legitime Autorität: für das Volk, für die Beamtenschaft, für die Armee, für die Streitkräfte. Aber dies bedeutet nicht, dass wir blind uns den nackt dastehenden König anschauen un seine Kleidung loben sollten.
In diesem Fall gehe ich wirklich heran wie an die klassische Figur im Märchen von Andersen Nexö. Ich würde behaupten, dass der König nackt ist. Natürlich ist es möglich, mich auf dieser Basis zu einem Feind zu erklären.
„Die Ukraine wird auf jeden Fall kämpfen“
A. Golubjew: Was geschieht in den selbstproklamierten Republiken?
Igor Strelkow: Ich kann dies nicht anders als ein Chaos nennen. Zwei Jahre lang waren sie im Schwebezustand wie ein Kleingeld, welches man anstelle bestimmter Waren für bestimmte Präferenzen im Austausch zurückgeben wollte. Dies führte zu der Tatsache, dass die dortigen Regierungsbeamten Günstlinge sind, die nicht nach fachlichen und moralischen Eigenschaften ausgewählt wurden, sondern nach dem Grundsatz des Gehorsams. Infolge dessen sind dort die niederträchtigsten und moralisch skrupellosesten Menschen an der Macht. Setzt man Leute mit offenbarer krimineller Veranlagung an die Spitze einer Republik, wird alles schlecht sein.
Wenn die Spitze der Republik von Besitzern von Kiosken und kleinen Hähnchenhändlern gebildet wird, dann werden um sie herum einige Kleinhändler und Schacherer sein. Und die Atmosphäre wird dementsprechend sein.
A. Golubjew: Was passiert weiter?
Igor Strelkow: Die Republiken hängen völlig von Moskau ab, was meiner Meinung nach ihre Existenzvoraussetzung ist. Wenn Moskau entscheidet, die Situation zum Besseren zu verändern, kann dies schnell genug getan werden. Ändert sich nichts, wird alles gleich bleiben oder schlechter werden.
A. Golubjew: Wenn Sie jetzt von Putin angerufen werden, und er Sie fragt, was zu ändern wäre, Igor Iwanowitsch?
Igor Strelkow: Erstens, er wird nicht anrufen. Zweitens ist dies so ein schwieriges Problem, welches nicht losgelöst von der Ukraine betrachtet werden kann.
Bisher hat Russland nicht entschieden, was es mit der Ukraine als Ganzes tun würde. Bisher denkt man, daß man sich mit der Ukraine aussöhnen und Frieden schließen kann, was unmöglich ist. Keinesfalls können so die Probleme der Republiken gelöst werden.
Wir müssen der Wahrheit ins Gesicht schauen. Und die Wahrheit ist, dass die Ukraine auf jeden Fall kämpfen wird. Wenn nicht heute, dann eben morgen.
Wir werden von einer Mistgabel auf die andere springen. Wir werden „Minsk“ wie die Handschuhe wechseln. Wir werden Beschuß erhalten, viele unserer Menschen werden sterben. Es wird eine Menge Geld ausgegeben. Aber dies alles ist völlig nutzlos und darüber hinaus zum Nachteil für uns.
Dass sich Poroschenko nicht zufriedengeben wird, wusste ich schon am 26. Mai. Nun, zwei Jahre später, haben wir endlich begriffen, dass er sich diese Republiken nicht als Trojanisches Pferd zurückholen will.
Dies ist so, weil sich da welche regierenden Hirne bei uns so mit der Ukraine befaßt haben … Ich würde vorschlagen, Wladimir Wladimirowitsch an die Worte von Stalin zu erinnern: Die Leitungskader entscheiden alles.
Setzt man als verantwortlich für die Situation in den Republiken die von Surkow dafür bestimmten Intriganten und Schwindler ein, dann erhält man Intriganten und Betrüger bis zum letzten Hausmeister an der Regierung. Und sie werden die besten Initiativen durchkreuzen. Diese so Ausgewählten werden beliebig Geld stehlen.
Tauscht man die Leitungskader aus, dann wird man normale, realisierbare Vorschläge und eine berechenbare Politik erhalten.
A. Golubjew: Ist die russische Flagge über Kiew realisierbare Vorschläge?
Igor Strelkow: Eine andere Option gibt es jetzt bereits nicht mehr. Alle anderen Optionen waren vor der offiziellen Wiedervereinigung mit der Krim möglich. Entweder hängt die russische Flagge über Kiew, oder eine beliebige andere Flagge, oder die ganz freundliche Ukraine ist mit einer freundlichen Regierung vorhanden, die in irgendeiner Weise eingebracht werden sollte. Oder ein endloser Wirrwarr-Krieg mit einer sinnlosen Verschwendung unserer Mittel und einer ständigen Erstarkung unserer Feinde.
„Der Donbass ist nach 2 Jahren nahe bei der Krim“
A. Golubjew: Muß man bei der idealen Krim-Geschichte wie bei Abchasien manövrieren?
Igor Strelkow: Nein, im Idealfall hängt über Kiew die russische Flagge, und die Ukraine ist entweder in Russland oder ein Föderalstaat. Und die Krim wegen ihrer Grenzlage als so etwas wie Transnistrien oder Abchasien wäre einfach durch die Lage verlassen, mit der Möglichkeit, die Tür aufzumachen und sie zurückzugeben, um die Brücken über den Njeprjadwa zum Kulikower Feld nicht abzubrennen. Diese Option ist bereits voll ausgereizt worden. Sie kann nie wieder umgesetzt werden.
Durch die Wiedervereinigung mit der Krim überschritt Russland den Rubikon. Nun wird dieser gesamte Weg bis zum Ende gegangen werden, bis zum Sieg, bis zur Wiederherstellung der Souveränität, Großrußlands. Oder früher oder später endet alles in einer schändlichen Kapitulation, einer vollständigen Niederlage.
A. Golubjew: In seinem Appell rief das Komitee „25. Januar“ die russische Regierung dazu auf, den Bürgern der selbstproklamierten Republiken russische Pässe zu geben. Wofür?
Igor Strelkow: Erstens würden dann die jetzt desorientierten und demoralisierten Menschen verstehen, dass Russland sie nicht im Stich läßt. Jetzt sind die Menschen in einer sehr schwierigen psychologischen Situation. Sie verstehen nicht, wie ihre Zukunft sein wird. Sie leben nicht, sondern sie überleben.
Erkennen die Menschen, dass Rußland sie zumindest wie seine eigenen Bürger schützt, dann werden sie sich anders verhalten, und die soziale und wirtschaftliche Situation wird sich bald verbessern. Die Menschen werden verstehen, dass sie am Ende Gesetze haben werden, die ihnen eine Zukunftsperspektive bieten. Dies wird helfen, daß sie sicher auf dem Territorium der Russischen Föderation arbeiten und dabei nicht dem Status von ausländischen Saisonarbeitern unterliegen. Dies bringt sofort eine enorme Wirkung.
Letztendlich sind wir verpflichtet, dies zu tun. Das ist unsere moralische Pflicht. Der Donbass ist nach zwei Jahren, entschuldigen Sie, nahe bei der Krim. Er trägt aber alle Kosten, die toten und verletzten Menschen, die zerstörte Industrie. Dort ist das alltägliche Leben zerstört worden.
Ich weiß nicht, ob unsere Führer ein Gewissen haben. Sie alle stehen mit Kerzen da und lassen sich taufen. Aber ihr Gewissen ist meiner Meinung nach absolut schlecht. Allein aus Gewissensgründen müssen russische Pässe ohne Unterscheidung, und zwar ungeachtet dessen, wer wofür eintrat. Und besonders notwendig ist dies für die Angehörigen der Volksmiliz und ihre Familienmitglieder, die faktisch für Rußland kämpfen. Viele von ihnen sind nicht aus dem Donbass, sondern sie kamen aus den anderen Regionen der Ukraine in den Donbass, und zwar um zu kämpfen, ohne etwas aufzugeben.
Unsere Slawjansker Einheit bestand zu 3/4 aus Ortsansässigen. Demzufolge haben sie nicht alle Vorteile wie im Territorium Russlands. Sie verloren ihre Häuser. Sie verloren ihre Einkommen. Sie verloren überhaupt nur alles.
Ich rede da gar nicht über diejenigen, die verstümmelt und verletzt worden sind. Es ist erstaunlich, daß doch die Leute, die für Russland kämpften, anschließend gezwungen sind, mit einer Heugabel wegzugehen. Daß sie keine Pässe und keine normale medizinische Versorgung, keine Sicherheit, keine Sozialhilfe erhalten können.
Man kann doch nicht gleichzeitig zu Gott beten und hinterher in das Gesicht seines Nächsten spucken. Und dann ist da noch ein Aspekt, den ich erwähnen möchte. Wenn von der pro-russischen Ukraine gesprochen wird, dann ist die Ausgabe russischer Pässe, um zu zeigen, dass Russland bereit ist, die Seinen zu schützen, zumindest rechtens.
A. Golubjew: Diesen Leuten wird Geld, Renten gezahlt.
Igor Strelkow: Die Menschen – dies ist das Teuerste, was es jetzt in Russland gibt. Wir schreien irgendwie gleichzeitig wegen dem demographischen Problem auf und sondern aus denselben Russen, solchen wie du und ich, die in Russland arbeiten wollen, Leute aus. Menschen, die arbeiten und Steuern zahlen, werden für alle ihre Kosten selbst aufkommen.
Dabei spreche ich noch gar nicht von der Tatsache, dass dies der Gipfel des Zynismus ist, die Abweisung der eigenen Geschwister mit wirtschaftlichen Gründen zu erklären. Das ist so, als ob man seinem Bruder nicht die Tür aufmacht, ihn hungrig und geschlagen draußen sitzen läßt, nur weil er mit Essen versorgt werden muss.
„Die Diktatur ist kein normales Werkzeug für die Verwaltung des Landes“
A. Golubjew: Sie sind als ein Mann mit konservativen Ansichten bekannt, als ein Christ. Trotzdem gibt es im Komitee „25. Januar“ offene Stalinisten …
Igor Strelkow: Ich unterbreche Sie direkt.
Sagen Sie mir bitte, wenn Sie Wasser aus dem Laderaum pumpen müssen,- werden Sie dann erst mal Ihren Partner bei der Bitte, er möge mit Hand anlegen, befragen, ob er für die Bolschewiki oder Kommunisten ist? Wenn er einverstanden ist und zusammen mit voller Kraft mitarbeitet, bin ich nicht bereit, ihn nach seinen Ansichten und Überzeugungen zu befragen, solange wir das Wasser bis zum Ende nicht abgepumpt haben.
A. Golubjew: Verstehen Sie sich denn dann untereinander überhaupt?
Igor Strelkow: Natürlich, und das ist normal. Genau wie in der Armee. Monarchist, Kosak, Kommunist, Limonow-Anhänger, Endzeitler – man fragt sie einfach nicht danach. Bereit für Russland zu kämpfen? Bereit. Nehmen Sie die Waffe, Sie stehen in der Einheit.
A. Golubjew: Sie kommunizieren nicht mit den Medien, die als liberal bezeichnet werden. Ihre Haltung zur Redefreiheit? Wenn Sie an der Macht sind, wird es dann eine „Dozhdjom“, „Nowaja Gaseta“, „Echo Moskaus“ geben?
Igor Strelkow: Vielleicht werde ich mit ihnen nichts tun. Aber mit ein paar Freunden wollte ich wirklich um ihre Dienste bitten, als im Jahr 1991 unsere Soldaten im 1. Tschetschenienkrieg besudelt wurden. Da arbeiteten diese Boys viel, die Schamil Bassajew und andere verherrlichten. Die Artikel von Elena Masuk las ich noch, als ich an der Front war. Ich denke, mit jedem muß man sich individuell auseinandersetzen.
Allgemein sollte die Redefreiheit natürlich existieren. Aber vielleicht nicht in der Übergangsperiode. Wenn es sehr wahrscheinlich ist, daß die Redefreiheit für subversive Zwecke mißbraucht werden würde. Das ist meine Meinung.
Die Diktatur ist kein normales Mittel für das ständige Regieren eines Landes. Aber in einer kritischen Situation ist sie notwendig.
Daher meine ich, daß die Redefreiheit eine normale Erscheinung ist, jedoch in einer kritischen Situation einer gewissen Zensur und Beschränkungen unterworfen werden kann.
Weiter schaue ich da aus einem einfachen Grund nicht hinein. Ich bin ein Mann für die Krisensituation, Krisenmanager, im sozusagen modernen Sprachgebrauch. Und für mich selbst, um ehrlich zu sein, sehe ich außerhalb dieser Krise keinerlei Führungsrolle. Daher muß man mich da nicht weiter befragen, ob dann noch etwas geschehen würde.
Quelle: http://novorossia.pro/strelkov/1633-igor-strelkov-ya-krizis-menedzher.html
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