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Colonel Cassad

Coronel Cassad: Warum sind im Donbass keine russischen sondern US-amerikanische Nichtregierungsorganisationen (NGO’s)?

Leser fragen immer wieder nach Meldungen über die Aktivitäten von Pawel Gubarew. Hier ist ein aktuelles Interview mit Pawel.

Coronel Cassad: Warum sind im Donbass keine russischen sondern US-amerikanische Nichtregierungsorganisationen (NGO’s)?

von Elena Gorbatschowa
veröffentlicht von Tatjana Puschkarewa

übersetzt von MATUTINSGROUP

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Livejournal, 2. Juli 2015 – 16:37 Uhr.-   Pawel Gubarew wurde im vergangenen Frühjahr der erste Volksgouverneur der Region Donezk. Ein Jahr lang verbrachte er in den Kerkern des SBU in Kiew, auf ihn wurde ein Mordanschlag auf der Fernverkehrsstrasse verübt. Und zuletzt war er in einen Skandal verwickelt, bei dem es zu einem Schusswechsel in der Innenstadt von Donezk kam. Jetzt bekleidet der Anführer des „Russischen Frühlings von 2014“ keinerlei Funktionen in der Volksrepublik Donezk, sondern konzentriert sich auf seine eigene Organisation „Neurussland“.

Warum der Idee der Russischen Welt im Donbass die Gefahr eines Scheiterns droht, als sich analog in der Ukraine ein Ideologiegeflecht formierte und die Idee der Russischen Welt zur schnöden Geldschneiderei wurde, sagt Gubarew.

Frage: Sie kritisieren, was derzeit im Donbass geschieht. Waren Sie somit erst in der Opposition gegenüber der Ukraine und sind es seit der Volksrepublik Donezk jetzt wieder?

Pawel: Wohl nicht gegen die Regierung. Die Opposition ist das Volk, welches mit dem Kurs der Regierung nicht einverstanden ist. Leider ist jetzt in unseren Republiken die einstige Struktur ähnlich neu geschaffen worden. Gehorsam, aber nicht nachhaltig. Zurück sind diejenigen Eliten, die erst den Donbass weggeworfen hatten. Sozusagen vor Ort sind sie alle dieselben. Sie sind jetzt in die Bildung politischer Kräfte verstrickt.

Frage: Äusserte sich dies, als der Staatschef der Volksrepublik Donezk, Alexander Sachartschenko, im Gespräch mit den Einwohnern des Dorfs Oktjabrskij von „Schädlingen“ in der Regierung redete, welche diese oder jene Initiative unterlaufen? Verheimlichte er das nicht?

Pawel: Wer sind diese Leute? Aus Angst vor Konkurrenz hat Sachartschenko überall „Unkraut angepflanzt“. Und dann fragt er sich, warum solche Leute sabotieren und stehlen. Nun ja, das ist eben Unkraut! Jetzt gibt es den Krieg, da brauchen wir ideologische Leute. Daher ist es ein grundlegender Fehler, alle wegzudrücken aus Angst vor politischer Konkurrenz.

Frage: Verspürten Sie in den letzten Jahren irgendeine Unterstützung aus Russland?

Pawel: Verspürt, ja. Aber nicht von den formalen Strukturen. Sondern von den Organisationen in Russland, und als unbedeutend zu sehen. Beispielsweise kam ich eine Zeit lang unter den Einfluss der RNE Barkaschows. Eine andere Organisation war die Eurasiatische Jugendorganisation. Limonow war dort aktiv. Ja, das sind vielleicht alle. Obwohl diese Organisationen klein waren, lebten sie, weil sie gewisse Ideen vertreten. Übrigens sitzen sie immer ohne eine Kopeke da. Die Mittel erhielten ganz andere Organisationen, die wir „professionell russisch“ nannten.

Frage: Aber gab es zuerst in der Südostukraine Kräfte, die irgendwie die Interessen des russischen Volkes vertraten?

Pawel: Dies sind „Russischer Block“, „Donezker Republik“ Andrej Purgin, „Donbass Russland“, dieselbe fortschrittliche sozialistische Partei von Natalia Vitrenko. Aber sie hatten keine Mittel, ihre Aktivität war schwach im Kontrast zur Krim. Übrigens gab es viele solche Organisationen dort auf der Krim, und sie waren erfolgreich.

Im Südosten wurden die meisten Mittel in die „Partei der Regionen“ gesteckt. Das ist eine bürgerliche Klientelpartei, die Vertreter der regionalen Eliten und Geschäftskreise umfasste. Sie machten unter sich was aus und stellten hinterher die Regierung. Einmal sprach ich mit einem Freund, der damit prahlte, dass er die „Partei der Regionen“ gegründet hätte. Ich fragte ihn: Was gibt es da zu prahlen? Du hast den Scheissdreck gegründet, der in weniger als einem Tag zusammenbrach. Und das war die Partei an der Regierung!

Russland ist jetzt wieder auf derselben Schiene und versucht, die Ukraine durch die Elite, durch die Oligarchen zu beeinflussen. Aber während Du heute mit einem Oligarch was vereinbart haben kannst, ist er mit seiner Regierung morgen bankrott. Solche Vereinbarungen gewährleisten keinen Erfolg in der Aussenpolitik. Sie müssen ihre eigenen Einflusskanäle schaffen. Und zwar mit einer klaren Hierarchie und Netzwerkstruktur, die aus ideologischen Leuten besteht, für die die Russische Welt nicht nur eine leere Worthülse ist.

Schauen Sie sich mal an, wie die US-Amerikaner derzeit arbeiten. Sie finden ideologische Leute. Sie geben ihnen Geld und Mittel, damit sie weiterhin tun, an was sie glauben. Weil dies für die USA wichtig ist. Und das lief so in den letzten 23 Jahren.

Und alle unsere angeblichen russischen Fonds schneiden nur am Geld herum. Üblicherweise macht eine ansässige russische Person oder Gruppe von Leuten dort nichts, weil dort einige Geldschneider sitzen. Die US-Amerikaner hören auch jetzt immer noch nicht mit ihrer Arbeit in der Region auf, weil wenn sie die Republiken unter ihrem Einfluss konservieren, dies kein gutes Ende nehmen wird. Die US-amerikanische Unterstützung für die NGO’s ist allen bekannt, ausser beim Staatssicherheitsministerium der Volksrepublik Donezk aus irgendeinem Grund.

In der Ukraine schreitet der Prozess auch voran. Beispielsweise bastelt Nalywajtschenko, einst SBU-Chef, an so etwas wie einer ukrainischen Organisation, welche eine sehr ernstzunehmende Kraft werden wird, die jeden Waffenstillstand brechen kann.

Frage: Aber als der Südosten sich erhob, da haben die antirussischen Kräfte dort gut gearbeitet?

Pawel: Man muss berücksichtigen, dass sie auf feindlichem Territorium tätig waren, wo anfänglich alle russisch redeten und zumeist ethnische Russen waren. Aber lässt man dies weitere 20 Jahre laufen, dann hätten sie gewonnen. Heute haben wir viel Territorium verfehlt. Und wenn dieser Konflikt einfriert, wird es nach 20 Jahren unmöglich sein, dort reinzukommen ausser mit Panzern. Die nächste dort heranwachsende Generation wird völlig „Heil Bandera“ sein. Schon die jetzt dort aufwachsende ist bereits weitgehend verloren. Ein durchschlagendes Beispiel dafür ist Dmitry Jarosch, der Chef des „Rechten Sektors“. Er kommt aus Neurussland, aus Dnjeprodserschinsk, wo es für dieses Russland sogar einen Vorsprung gab.

Frage: Wohin in den letzten Jahren konnte ein im Südosten der Ukraine lebender junger Mann gehen, der russisch sprechen will, sich als Teil der russischen Geschichte fühlt und nicht mit den Ideen der Behörden im Einklang steht?

Pawel: Ja, nirgendwohin. Weder in den zivilen öffentlichen Dienst noch in die seriöse Politik, bis zum Bruch, der nach dem Maidan passierte. Auf dem Maidan sahen alle die wahren Ukrainer: kleingeistig, hasserfüllt und chauvinistisch. Das war die höchste Verkörperung jener Ideologie.

Und plötzlich waren wir im Trend der russischen Ideen. Aber für Moskau sind diese Ideen kein Mainstream. Denn bis jetzt reden die Vertreter der Russischen Föderation von einer vereinheitlichten Ukraine. Und es ist möglich, die Diplomatie zu begreifen. Aber kann man begreifen, warum immer noch keine russischen Nichtregierungsorganisationen geschaffen worden sind. Nach allem ist dies die Hauptfront des Kriegs derzeit. Der Westen arbeitet gegenwärtig aktiv daran, und die Ukraine. Und zwar auch mit den Hirnen der russischen Bürger, die bereit sind zum Verlassen der Krim, nur weil ihre Löhne um 10% gekürzt worden sind.

Schauen wir mal in den Mittleren Osten, wo nicht ohne die Hilfe der CIA die Abkömmlinge der Islamisten wie al-Quaida und die Taliban die Basis für ein sehr mächtiges Projekt wurden. Mit einer klaren Hierarchie. Und die internationale Netzwerkstruktur basiert auf religiöser Ideologie und den Ideen der sozialen Gerechtigkeit.

ISIS ist eine Bedrohung für Russland. ISIS hat in Tschetschenien, Tartarstan bereits Wurzeln geschlagen und wird sich zu seiner Zeit offenbaren. Dieses Projekt ist attraktiv. Selbst innerhalb von Russland verlassen junge Mädchen aus wohlhabenden Familien alles für das Schicksal dieser Ideen.

Und wir haben nicht einmal den konzeptmäßigen Apparat , um klar zu beschreiben, warum dies derzeit geschieht, und womit wir es da gerade zu tun haben. Und wir haben überhaupt nichts all dem entgegenzusetzen. Wir haben nicht die Dinge, dass das russische Volk bis in den Tod dafür gehen könnte. Wir haben keine klare Ideologie für die jüngeren Menschen, die mit Russland und der Russischen Welt verbunden ist.

Frage: Was ist für Sie die Ukraine?

Pawel: Für mich als Historiker mit einigem Training bezüglich dieser Frage ist die Antwort recht einfach: Die Ukraine ist ein Mischmasch aus Territorien, die völlig zufällig zusammengeschustert worden sind. Vor der Revolution von 1917 gab es kein Dokument, in welchem Ukraine geschrieben steht, wie beispielsweise: „Stezko, Ostap Iwanowitsch, Ukrainer.“

Ein Ukrainer ist ein Russischstämmiger. Und eine ukrainische Identität gab es nicht. Sie wurde künstlich in Galizien gebildet. Ein 17 Jahre alter galizischer Russischstämmiger wurde als eine 5. Kolonne Moskaus in Österreich-Ungarn betrachtet. Russische Händler sponserten die Nichtregierungsorganisationen, halfen der Kirche, gaben Geld für Drucksachen, die Unterstützung für die Herausgeber, die Zeitungen, die Klubs, usw. Die österreich-ungarischen Herrschaftskreise waren sehr ängstlich und taten dasselbe, was die Herrscher der unabhängigen Ukraine mit all den russischen Organisationen getan haben. Hierin steckt eine Art ideologischen Konstrukts, welches sich auf die Ablehnung des Russischen insgesamt gründet.

Diese Ideologie ist zunächst kleinlich und bäuerlich. Der gesamte ukrainische Nationalismus und die Bauern sind dem Grundsatz verhaftet „hier auf meinem kleinen Bauernhof wird ein ukrainischer Nationalstaat sein, aber die Ausländer werden uns helfen“. Nimmt man aus dieser Ideologie die Russophobie heraus, dann bleibt davon nichts mehr übrig. Von ausserhalb sieht es so aus, als sei das ukrainische Volk momentan vereint wie nie zuvor. Aber das ist eher wie ein kollektiver Wahn.

Interessant ist, dass sich im Lauf der Geschichte nichts geändert hat. Alles was in der galizischen Rus bezüglich Ersetzen der Identität passierte, widerfährt uns jetzt auch in der Donezker Region.

Als ich Student an der Fakultät für Geschichtswissenschaften war, hatten wir einen Untergrund-Klub, welcher „Neurussland-Klub“ hiess. Wir trafen uns im Wohnheim und diskutierten historische Themen. Wir verdrängten den ukrainischen Diskurs vom Spitzenplatz und versuchten ihn zu zerschlagen. Und wir begannen ein erbittertes Streitgespräch mit den Lehrkräften in den Vorlesungen und Seminaren. Und normalerweise obsiegten wir, weil unsere Argumente stark waren und wir die Quellen studiert hatten.

Dafür bekamen wir den Druck der Universitätsleitung zu spüren. Wir wurden aus den Wohnheimen vertrieben. Und mit schlechten Noten wollte man uns von der Universität entfernen.

Damals traf ich erstmals und zufällig auf ukrainische Radikale. Das war im Jahr 2000. Wir spielten gegen die ukrainischen Nazis, die sowohl Geld als auch eine Informationsplattform hatten. Wir debattierten und zogen einmal sogar in einen Kampf. Jetzt stehen sie alle in Waffen auf der gegnerischen Seite.

Frage: Sie entnahmen Ihre Ideen den Geschichtsbüchern. Aber ihre Gegenspieler, die Lehrer, lasen doch dieselben Bücher. Warum konnte es da so eine Diskrepanz geben?

Pawel: Das steckt alles in der Auslegung der Quellen. Beispielsweise wird die Kiewer Rus in den ukrainischen Lehrbüchern als die erste Periode des ukrainischen Staatswesens gesehen. Aber warte mal, Russland war doch „die Rus“. Das Attribut „Kiewer“ wurde erst viel später hinzugesetzt, um die historische Periode zu bezeichnen und sie von anderen Zeiträumen abzugrenzen. Darauf folgend wurde die Hauptstadt in die Moskauer Rus verändert, von beispielsweise der Wladimirischen Rus abgegrenzt. Es stellte sich heraus, dass die Moskauer die Genehmigung erhalten konnten, von den autonomen Lehen für die Horde Tribut einzunehmen, durch dieses Geschäft Geld rafften und daher erstarkten. Und was nun? Dies, so stellte sich heraus, waren andere Leute, die den Rest versklavten? Nein, das war dasselbe Volk, dieselbe Dynastie. Wie kommt es, dass Jaroslaw der Weise ein Ukrainer gewesen sein soll und sein Cousin Juri Dolgoruki plötzlich zum blutrünstigen Fürsten Moskal wurde, der die Hauptstadt der Ukraine niederbrannte? ..

Ich möchte anmerken, dass wir nicht gegen die ukrainische Kultur waren. Es ist möglich und nötig, beide Sprachen und Literaturen zu erlernen. Obwohl ich persönlich denke, dass der wertvollste Teil der ukrainischen Literatur in der sowjetischen Zeit geschaffen worden ist. Denn da hatten wir keinen Ausschluss des ukrainischen Kulturellen, sondern es gab die Ablehnung des ukrainischen Politischen, wenn die Rede auf die Ablehnung alles Russischen kam.

Frage: Was würden Sie rückblickend anders tun?

Pawel: Wenn wir über das letzte Jahr sprechen, muss ich wahrscheinlich nicht versuchen, einen Konsens zu schaffen, sondern es war nötig, den Kurs zu halten und entschlossener zu agieren. Aber wenn wir ein paar Jahre zurückblicken, dann hätte ich da wahrscheinlich nichts zu verändern. Es gibt globale Bedingungen, über welche kein Mensch Macht hat. Nur die Zeit und ein Soldat im Feld stehen an der Wende der Ereignisse. Dann rollt es sehr durch die Persönlichkeit.

Generell denke ich, dass der Weg in die Zukunft immer noch sehr lang ist. Russland wird bald auf weitaus ernstere Probleme als den Krieg im Donbass reagieren müssen. Und angemessene Antworten, ach, sind die jetzigen nicht.

http://publizist.ru/blogs/107374/9810/- – zinc

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