Der Vorsitzende der KP der Ukraine erklärte am 24.7.2014
SIMONENKO: DIE KOMMUNISTISCHE PARTEI DER UKRAINE WIRD AUF JEDEN FALL AN DEN WAHLEN TEILNEHMEN
übersetzt von Jens-Torsten Bohlke
Moskau, 24. Juli 2014, Ria Novosti.- Über die Haltung der Kommunistischen Partei der Ukraine im Zusammenhang mit der Absicht des Parlaments der Ukraine (Rada), die Fraktion der KP der Ukraine auszuschliessen, sowie die Haltung der KP der Ukraine bezüglich Wegenzur Lösung der innenpolitischen Krise sprach der Vorsitzende der KP der Ukraine, Simonenko, mit Andrej Malyschkin von Ria Novosti.
Andrej Malyschkin: Pjotr Nikolajewitsch, dem vom Parlamentsoberhaupt zugelassenen Beschluss des Parlaments zur Auflösung der Fraktion der KP der Ukraine konnten Sie nicht zustimmen. Ist dieser Beschluss verfassungsgemäß?
Pjotr Nikolajewitsch Simonenko: Die Entscheidung fiel gestern (das Interview fand am Mittwoch statt – die Redaktion) und sie wurde letzte Nacht von Präsident Poroschenko unterschrieben. Diejenigen, die nicht wollen, dass die Bürger der Ukraine eine richtige Vorstellung vom Standpunkt unserer Partei und natürlich unserer Parlamentsfraktion bekommen, beeilen sich damit sehr.
Zweitens erscheint mir sinnlos, bei all dem etwas über die Verfassungskonformität zu sagen, denn mit diesem Beschluss wird auf dem Willen von 13% der Bürger der Ukraine herumgetrampelt, die bei den Wahlen für die Kommunistische Partei der Ukraine stimmten. Das sind drei Millionen Bürger der Ukraine.
Das Sprechen über die Verfassungsmäßigkeit und Rechtmäßigkeit ist sehr schwierig, weil uns die Bürger der Ukraine mit dem Recht ausgestattet haben, im Parlament mit unserer Fraktion tätig zu sein, unabhängig davon mit wievielen Menschen dies geschieht. Stellen Sie sich vor, dass wir nur 5% anstelle der 13% bei den Wahlen bekommen hätten. Dann wären von uns 12 Abgeordnete im Parlament. Bis heute haben wegen Verrat, Feigheit und der Korruption 10 Abgeordnete unsere Fraktion verlassen. Aber wir sind immer noch 23 Abgeordnete in unserer Fraktion.
Zur Rechtmäßigkeit des Ausschlussbeschlusses etwas zu sagen, ist sehr schwierig. Denn hier wurde der Wille der Bürger zertreten, welcher darin bestand, dass sie die Kommunistische Partei und nicht die Zahl ihrer Fraktionsmitglieder unterstützt haben.
Andrej Malyschkin: Wie erklären Sie sich das, was da geschehen ist?
Pjotr Nikolajewitsch Simonenko: Das ist eine ganz deutliche Reaktion auf die jüngsten Ereignisse in der Ukraine. Sie wissen, dass nach dem Maidan ein Staatsstreich in der Ukraine erfolgte und dieses national-faschistische Regime etabliert worden ist, welches einen Krieg gegen das Volk entfesselt hat. Und heute tötet der Ukrainer den Ukrainer. Ein friedliches Volk wird umgebracht. Und wir sind mit den Menschen die Zeugen der Tragödie in den Gebieten von Donezk und Lugansk, wo die Alten, die Frauen und die Kinder umkommen. Die Kommunistische Partei ist die einzige Partei, die den friedlichen Ausweg und die friedlliche Lösung für alle Probleme anbietet.
Im vergangenen Jahr erklärten Füle (Stefan Füle, EU-Kommissar für die Erweiterung der EU-Politik in die Nachbarländer – Anmerkung der Redaktion), Kwasniewski (Alexander Kwasniewski, ehemaliger Präsident Polens – Anmerkung der Redaktion) und Cox (Pat Cox, der ehemalige Vorsitzende des Europäischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion) und alle ukrainischen Politiker öffentlich, dass ein Referendum in der Ukraine abgehalten werden muss, damit das Volk darüber entscheidet, welche Integrationsrichtung es für die Zukunft will, – entweder die Europäische Union oder die Zollunion.
Wir griffen dieses Angebot auf und sagten, dass es schon viel zuviele Widersprüche in der Ukraine gibt. Sie sind ethnischen, historischen, kulturellen und sprachlichen Charakters. Deshalb teilte ich öffentlich mit, dass wir Blut verlieren werden, wenn das Referendum nicht durchgeführt wird. Leider ist das alles so eingetreten.
Um über die heutige Lage zu sprechen: Unsere Partei bietet nicht nur den friedlichen Ausweg an, sondern sie ist dabei auch konstruktiv und schlägt vor, was konkret zu tun ist, damit die gesellschaftlichen Spannungen abnehmen. Natürlich gefällt es dem jjetzigen Regime nicht, wenn wir sagen, dass mit dem Internationalen Währungsfonds unter keinen Bedingungen zusammengearbeitet werden darf, denn deren Bedingungen enden in der Knechtschaft und im Austesten der Bürger hinsichtlich hoher Preise sowie im politischen Souveränitätsverlust für die Ukraine.
Wir traten natürlich dagegen auf, dass die Erdgasleitungssysteme und das Schiefergas den westlichen Strukturen und den amerikanischen Interessen als Zielobjekte und Beute zugeschanzt werden. Dieser Krieg ist von den ukrainischen Oligarchen organisiert worden, welche nach dem Maidan die Macht ergriffen haben und faktisch ihre Privatarmeen aufstellten. In welchem Staat ist es möglich, daß Privatarmeen in einer Stärke von 4000 Mann existieren, die die Rolle von Mördern spielen?
Zu all dem äusserten wir uns offen. Auch darüber, dass alles revidiert werden muss, was heute für die Innenpolitik der Ukraine charakteristisch ist. Aber wir haben leider nicht die Möglichkeit, dies konstruktiv vorzustellen, weil die Behörden die Umsetzung des Verbots der Kommunistischen Partei übernommen haben.
Sie wissen, dass morgen vor dem Gericht Kiew die Prozessanhörung zur Klage des Justizministeriums auf Verbot der Tätigkeit der Kommunistischen Partei erfolgen wird. Deshalb wurde gestern abend dieses Thema mit diesem von uns beobachteten Dunkelmännertum im Parlament erörtert. Und bei eklatantem Verstoss gegen die Verfassung und gegen die Gesetze der Ukraine führte all dies zu der Tatsache, dass sie für sich selbst angeblich eine Rechtsgrundlage mit der Möglichkeit einer Auflösung unserer Fraktion gebildet haben.
Andrej Malyschkin: Rada-Sprecher Alexander Turchinow sagte, dass die Auflösung der Fraktion der Kommunistischen Partei am Donnerstag erfolgen wird. Werden Sie diese Entscheidung befolgen? Und was sind Ihre nächsten Schritte?
Pjotr Nikolajewitsch Simonenko: Erst einmal waren, sind und bleiben wir Mitglieder und Abgeordnete der Kommunistischen Partei. Deswegen werden wir gemäß unsere internen Prinzipien verfahren, d.h. als komplette Parlamentsfraktion auftreten. Unsere Position wird sich nicht ändern. Wir werden jede öffentliche Tribüne nutzen und jene anprangern, die diesen Krieg entfesselt haben.
Andrej Malyschkin: Beabsichtigen Sie, den Beschluss der Rada vor einem internationalen Gericht anzufechten?
Pjotr Nikolajewitsch Simonenko: Wir nutzen die Möglichkeiten der ukrainischen Gerichte. Dies ist der Maßstab für die Richtigkeit der Sache – ein Gesetz ist nicht rückwirkend.
Und geänderte Gesetze sollten für künftige Fraktionen und Parlamente gelten. Sie versuchen, ein geändertes Gesetz auf unsere gegenwärtige Fraktion und das gegenwärtige Parlament anzuwenden. Deshalb werden wir alles tun, um unsere Rechte vor den zuständigen ukrainischen Gerichten zu verteidigen. Und können wir sie hier nicht verteidigen, dann werden wir sie bis vor dem zuständigen Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verteidigen.
Andrej Malyschkin: Haben Sie auf die Unterstützung der europäischen Kommunisten und Ihre Kollegen in der Russischen Föderation zählen können?
Pjotr Nikolajewitsch Simonenko: Von der russischen Kommunistischen Partei wurde für uns aktive Unterstützung geleistet. Zu den europäischen „Linken“ kann ich sagen, dass wir morgen bei der ersten Sitzung vor dem Kiewer Gericht von einem Vertreter der Europäischen Linken aus dem EU-Parlament begleitet werden. Somit unterstützen sie uns und sind besorgt über die Tatsache, dass in der Ukraine die Verletzung von Grundprinzipien der Demokratie zum Ausdruck gebracht worden ist.
Andrej Malyschkin: Wird die Partei der Kommunisten der Ukraine an den im Herbst vorgesehenen Parlamentswahlen teilnehmen?
Pjotr Nikolajewitsch Simonenko: Ja, sicher.
Andrej Malyschkin: Und wenn sich herausstellen sollte, dass vor diesem Zeitpunkt die Kommunistische Partei der Ukraine verboten sein wird, werden sie sich dann nicht neu registrieren müssen und teilweise den Namen ändern müssen?
Pjotr Nikolajewitsch Simonenko: Lassen Sie uns hinsichtlich eines Verbots abwarten. In jedem Fall werden wir uns versammeln, einen Beschluss fassen, damit wir dementsprechend handeln.
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