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Littlehirosima LiveJournal

Die humanitäre Situation im Donbass

übersetzt von MATUTINSGROUP

Livejournal, 16. Juni 2015 – 17:04 Uhr.Seit einiger Zeit möchte ich über die humanitäre Lage im Donbass schreiben. Ich möchte klarstellen, dass ich aufgrund meiner eigenen Erfahrung und aus der Erfahrung der Helfer schreibe, die ich persönlich kenne. Ich kenne die Lage in Lugansk gut, aber nicht die in Donezk. Wie man sagt, ist die Situation ähnlich, obwohl die Versorgung dort besser sein soll.

Lugansk1

Die Rentner im Donbass haben ihre Rente in normaler Höhe für die letzten beiden Monate erhalten (1200 Griwna oder 2400 Rubel). Auch die Behinderten und die alleinstehenden Mütter haben ihre Sozialleistungen erhalten (870 Griwna oder 1740 Rubel), obwohl der grösste Teil erneut diese Sozialleistungen beantragen musste.

Man kann nicht sagen, dass diese Einkünfte ausreichen. Obwohl ich generell einen grossen Unterschied zur Situation im vergangenen Winter sehe. Die Situation im Dezember und im Januar war einfach tragisch. In einigen Fällen konnte von Hungerleiden gesprochen werden, ohne jede Furcht zu übertreiben.

Viele Dörfer und Städte erhielten keinerlei humanitäre Hilfe, beispielsweise Chrjastschewatoje und Georgijewka. Die Versorgung mit fliessendem Wasser und Elektrizität ist in Chrjastschewatoje erst vor kurzem wiederhergestellt worden, auch wenn es immer noch einige Gegenden ohne Wasserversorgung weiterhin gibt. Im Winter überlebte die Bevölkerung schlicht. Ohne jede Hilfe. „Ausserhalb des Kriegsgebiets“. Die Hilfe kommt grundsätzlich in die betroffenen Gebiete: Debalzewo, Tschernuchino, usw. Und die kleineren Orte werden völlig vergessen.

Im Winter war die Lage im Gebiet von Perwomajsk katastrophal. Seit dem vorangegangenen Frühjahr ist dort keinerlei Versorgung erfolgt. Die Stadt war und verblieb in Wirklichkeit praktisch belagert von den Streitkräften und der Nationalgarde der Ukraine. Am Ende war die Stadt viel ruhiger geworden, auch wenn jüngste Informationen zu verstehen geben, dass der Artilleriebeschuss wiederaufgenommen worden ist. Und in einer nicht geringen Intensität.

Als wir die Hilfsgüter an die Suppenküchen auslieferten, weinten die Frauen tatsächlich. Und das war kein Spiel. In den Notunterkünften prügelten sich die Kinder um die Süßigkeiten, weil sie sie lange nicht mehr gesehen hatten.

Lugansk2

Jetzt erhalten die Luftschutzbunker und die Suppenküchen eine normale Lebensmittelversorgung. Wenn wir früher in ein Wohnhaus kamen und es dort offenkundig völlig leer war, dann ist jetzt klar, dass es dort Essen gibt.

Aber es ist auch klar, dass die Bevölkerung praktisch ein Jahr mit Brei, Eintopf und Hartkost überlebt hat (Tee, Zucker, Milchpulver, usw.). Logischerweise wird dies vorrangig verteilt.

Viele haben ihre Gärten in Schuss gehalten und leben praktisch vor allem dank ihrer Gärten. Eine Kuh, eine Ziege, Hühner, Enten, usw. Auch wenn viele zum Schlachthof gebracht werden mussten, weil es sonst nichts zu essen gegeben hätte …

Diejenigen, die in den Städten durchhielten, oder jene, die durch die Schuld der Bombardierungen durch die Artillerie alles verloren haben (und das sind viele) haben einfach keine Möglichkeit gehabt, in all dieser Zeit an frische Milch zu kommen. Die Bevölkerung beginnt an Vitaminmangelkrankheiten zu leiden, weil sie einzig Fertignahrung isst.

Darum versuchten wir auf unserer letzten Reise überall, wo wir vorbeikamen, Hähnchenfleisch, Milch, Jogurt, Kefir, Butter (viele haben seit einem Jahr keine Butter gesehen) oder Eier zu kaufen. Wir wollen, dass es immer Obst, Bananen und Äpfel gibt, was man zu relativ niedrigen Preisen auf den Märkten vor Ort für die Kinder kaufen kann. All dies kann man auf den Fotografien sehen.

Lugansk3

Das echte Problem momentan ist die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Viele haben immer noch keine Arbeit. Und jene, die Arbeit haben, erhalten keine Löhne. Das heisst, dass zumindest die Kinder und die Alten die Hilfe erhalten. Aber die Erwachsenen erhalten kaum etwas. Gerade derzeit sind sie die am schlimmsten betroffene Personengruppe. Es ist schwierig, sich die Arbeit der Ärzte, der Krankenschwestern oder des Ambulanzpersonals vorzustellen, die nachts zur Bevölkerung auf Rettungseinsätze nach der Ausgangssperre rausfahren. Oder die Feuerwehrleute und jene Reparaturbrigaden, die die Infrastruktur der Städte wiederaufbauen und dies zuweilen unter Artilleriebeschuss tun.

Meine Freundin Julia ist Sozialarbeiterin. Sie erhält keinen Lohn. Aber dennoch kauft sie täglich vier Busfahrscheine, um in einen anderen Teil von Lugansk zu fahren. Ihr hilft ihre Familie, sie lebt dank der Rente ihrer Eltern, die ihre Rente jedoch mal gerade für zwei Monate in einem Jahr ausgezahlt bekamen, und dank der humanitären Hilfe.

Die Situation bei den Medikamenten ist auch katastrophal. Die Apotheken sind leer. Man kann nur Grundmedikamente wie Schmerzmittel usw. kaufen. Braucht man etwas Spezielleres, wird es schwierig. Wir erhielten ständig Anrufe von Menschen, die nach Medikamentenversorgung fragten. Einige versprachen, uns dafür zu bezahlen: „Bitte, wir werden es Ihnen bezahlen, denn hier gibt es nirgendwo welche zu kaufen.“ Die Situation ist vor allem für jene schwierig, deren Überleben von bestimmten Medikamenten abhängt. Beispielsweise bei den Diabetikern. Obwohl man Insulin in jedem Gebiet vorfindet, aber es ist immer wieder von sehr niedriger Qualität. Dies zusammen mit der geringen Nahrungsqualität (Tiefkühlkost, Konserven, Mangel an frischem Obst und Gemüse) ist ein Problem für die Diabetiker.

Für mich ist es unglaublich mir vorzustellen, dass die Geschäfte alles haben. Man kann alles Notwendige auf den Märkten und in den Läden finden, auch wenn es nicht viele davon gibt, weil die Mehrheit geschlossen ist. Die Regale sind gefüllt. Aber die Bevölkerung hat einfach kein Geld. So dass dies nur gut für all jene ist, die schon vor dem Krieg alles hatten oder Hilfe von ihren auswärtigen Angehörigen erhalten. Das ist eine harte Entfremdung, anders kann man es nicht nennen. Positiv, dass die Jahreszeit für die Aussaat gekommen ist. Und alle pflanzen Blumen, immer wenn dies möglich ist, wenn keine Bomben einschlagen.

Zusammengefasst hat sich Lage allgemein verbessert. Aber momentan funktioniert nicht alles. Die Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter durchlebt eine sehr schwierige Situation. Es gibt kein Geld. Und die humanitäre Hilfe reicht nur für ein Überleben.

Auch gibte es ein schwerwiegendes Problem mit der Versorgung mit verderblichen Lebensmitteln und bei der Verwaltung der Medikamente. Eine neue Offensive kann eine neuerliche humanitäre Katastrophe verursachen. Weil die Bevölkerung und die Infrastruktur, wie man gesehen hat, absichtlich beschossen werden, leiden sie zuerst darunter. Viele Helfer fahren bei Artilleriebeschuss nicht raus, und in diesem Fall ist die Versorgung unterbrochen.

Wenn Sie helfen möchten, schreiben Sie eine Mail an littlehirosima@gmail.com.
Bei allen Fragen helfen wir hier.

Quelle: http://littlehirosima.livejournal.com/70495.html

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